Ergänzend zum Referat über das Symposion von Platon hier einige Gedanken.
Der sokratischen These, man liebe, was man begehrt, weil man es nicht hat, steht annähernd zeitgleich ("Achsenzeit" ca. 6. bis 3. Jahrhundert v. Chr.) die buddhistische These gegenüber, dass das Begehren zum Leiden führt, welches bestimmend für das Leben ist.
Insofern kann eine Nähe zwischen Liebe und Leiden unterstellt werden: Liebe als Leidenschaft, die Leiden schafft. Der Gedanke der "platonischen Liebe" versuchte aber auch, Liebe gerade ohne zwingende Korrelation zu aktiver Sexualität zu denken (wobei Sexualität sicherlich nicht gleichzusetzen ist mit Erotik).
Wir sollten versuchen, den Begriff der Liebe zu denken nicht als Begehren (was wohl eher dem Begriff Verliebtheit nahesteht), sondern als "geben wollen".
Dies mag ein rein theoretischer wenn nicht akademischer Gedanke sein, die Gleichsetzung von Liebe und Begehren würde aber die Analyse unzulässig verkürzen, wie ich finde.
Ein weiterer Gedanke gilt den Kugelmenschen:
die zweigeschlechtliche Variante stellt für mich eine bestimmte Metapher dar, was durch die Zuordnung zum Mond unterstrichen wird. Diese Zweigeschlechtlichkeit dürfte für die Fähigkeit stehen, Leben aus sich selbst heraus - also alleine - zu schaffen, wie eben der Mond als Sinnbild aller mutterkultischen Religionen sich selbst immer wieder aus sich selbst zu schaffen scheint. Die Geschichte der Teilung durch Zeus wäre damit ein Gleichnis für die ziemlich späte Erkenntnis der Männer, dass sie an der Reproduktion des Lebens beteiligt sind - eine Folge dürfte die Infragestellung des Matriarchats gewesen sein, und insofern geht es schon hier auf aus heutiger Sicht skurrile Weise um Geschlechterverhältnisse.
ars_amatoria - 25. Apr, 01:33
Was die Unterscheidung zwischen Sexualität und Erotik angeht, möchte ich zustimmen, dass ich es ebenfalls als sinnvoll erachte.
Wobei im platonischen Dialog noch eher eine Würdigung der Erotik als der fortpflanzungsdienlichen Sexualität herauszulesen ist. Das höchste der Gefühle bleibt jedoch die Erkenntnis.
In einem Kommentar zu einer griechischen Schulausgabe des Symposions fand ich die Anmerkung, dass jedoch erst Sokrates der Päderastie eine philosophische Komponente hinzugefügt hat. Derartig wird sie zumindest vorher nicht belegt.
Zu den Ursprüngen der Kugelmenschen.
Es gibt in der Antike sehr eindeutige Geschlechterbilder!
Wir können gerade Mond, Sonne und Erde Geschlechterrollen zuordnen - so merkwürdig das gerade auch klingen mag. Aufschluss darüber gibt das Genus des Wortes im Griechischen
die Erde - γῆ - auch im Griechischen feminin, Wohnstätte der Menschen, Mutter der Menschen (auch hiervon gibt es eine Vergöttlichung) und Ort der Fruchtbarkeit im Sinne von Nahrung.
die Sonne - ἥλιος - maskulin im Griechischen - die Hitze des Tages (wir befinden uns ja in südlicheren Gefilden) ist drückend und hart, "gerade zu männlich".
Und nun die Merkkwürdigkeit
der Mond - σελήνη - im Griechischen feminin, ein Zeichen der Sanftheit, da bei Nacht, wenn der Mond scheint, die Temperaturen angenehmer sind. Warum daher die zweigeschlechtlichen Wesen kommen, kann ich aus griechischer Lektüre nicht sagen, die Selbsterneuerung wäre aber eine Möglichkeit.
Unsere Worte Mond, Sonne und Erde spiegeln unsere Vorstellungen ebenso wieder. Wesentlich nördlicher brauchen wir DIE Sonne, DER Mond aber bringt uns die Kälte der Nacht, die wir nicht wollen und die Erde ist auch bei uns noch Mutter Natur.
Dr. G. - 25. Apr, 16:46
Kinder kriegen die Leute immer
Ergänzend zur heute diskutierten Fragen, ob und wie im antiken Griechenland trotz gesellschaftlich akzeptierter Knabenliebe die Gattungsreproduktion gesichert werden konnte, möchte ich anmerken, dass 1. nicht nur in Bezug der sexuellen Orientierung eine starre Entweder-Oder-Sichtweise typisch für die Moderne ist und in früheren Epochen/Gesellschaften die Einnahme von mehreren verschiedenen Perspektiven parallel möglich und üblich war. Knabenliebe aus sexuellen oder pädagogischen Gründen also in der Antike der reproduktionsfunktionalen heterosexuellen Beziehung nicht im Wege, sondern zur Seite stehen konnte. Außerdem hat 2. schon Konrad Adenauer in den 1950er Jahren (im Hinblick auf die Rentenfinanzierung) festgestellt "Kinder kriegen die Leute immer". Inzwischen wissen wir, dass das zwar grundsätzlich richtig ist, quantitativ zur Rentenfinanzierung aber auf Dauer nicht mehr ausreicht. Die hilflosen Versuche der Politik, die Gesellschaft an die politisch gesetzten Rahmenbedingungen anzupassen sind ja gerade im Zuge der unsäglichen Betreuungsgelddebatte wieder in aller Munde: knapp 5.000€ pro Kind werden das "Paarungsverhalten" in der modernen Gesellschaft sicherlich nicht entscheidend verändern.
Platonische Liebe?
Der sokratischen These, man liebe, was man begehrt, weil man es nicht hat, steht annähernd zeitgleich ("Achsenzeit" ca. 6. bis 3. Jahrhundert v. Chr.) die buddhistische These gegenüber, dass das Begehren zum Leiden führt, welches bestimmend für das Leben ist.
Insofern kann eine Nähe zwischen Liebe und Leiden unterstellt werden: Liebe als Leidenschaft, die Leiden schafft. Der Gedanke der "platonischen Liebe" versuchte aber auch, Liebe gerade ohne zwingende Korrelation zu aktiver Sexualität zu denken (wobei Sexualität sicherlich nicht gleichzusetzen ist mit Erotik).
Wir sollten versuchen, den Begriff der Liebe zu denken nicht als Begehren (was wohl eher dem Begriff Verliebtheit nahesteht), sondern als "geben wollen".
Dies mag ein rein theoretischer wenn nicht akademischer Gedanke sein, die Gleichsetzung von Liebe und Begehren würde aber die Analyse unzulässig verkürzen, wie ich finde.
Ein weiterer Gedanke gilt den Kugelmenschen:
die zweigeschlechtliche Variante stellt für mich eine bestimmte Metapher dar, was durch die Zuordnung zum Mond unterstrichen wird. Diese Zweigeschlechtlichkeit dürfte für die Fähigkeit stehen, Leben aus sich selbst heraus - also alleine - zu schaffen, wie eben der Mond als Sinnbild aller mutterkultischen Religionen sich selbst immer wieder aus sich selbst zu schaffen scheint. Die Geschichte der Teilung durch Zeus wäre damit ein Gleichnis für die ziemlich späte Erkenntnis der Männer, dass sie an der Reproduktion des Lebens beteiligt sind - eine Folge dürfte die Infragestellung des Matriarchats gewesen sein, und insofern geht es schon hier auf aus heutiger Sicht skurrile Weise um Geschlechterverhältnisse.
Wobei im platonischen Dialog noch eher eine Würdigung der Erotik als der fortpflanzungsdienlichen Sexualität herauszulesen ist. Das höchste der Gefühle bleibt jedoch die Erkenntnis.
In einem Kommentar zu einer griechischen Schulausgabe des Symposions fand ich die Anmerkung, dass jedoch erst Sokrates der Päderastie eine philosophische Komponente hinzugefügt hat. Derartig wird sie zumindest vorher nicht belegt.
Zu den Ursprüngen der Kugelmenschen.
Es gibt in der Antike sehr eindeutige Geschlechterbilder!
Wir können gerade Mond, Sonne und Erde Geschlechterrollen zuordnen - so merkwürdig das gerade auch klingen mag. Aufschluss darüber gibt das Genus des Wortes im Griechischen
die Erde - γῆ - auch im Griechischen feminin, Wohnstätte der Menschen, Mutter der Menschen (auch hiervon gibt es eine Vergöttlichung) und Ort der Fruchtbarkeit im Sinne von Nahrung.
die Sonne - ἥλιος - maskulin im Griechischen - die Hitze des Tages (wir befinden uns ja in südlicheren Gefilden) ist drückend und hart, "gerade zu männlich".
Und nun die Merkkwürdigkeit
der Mond - σελήνη - im Griechischen feminin, ein Zeichen der Sanftheit, da bei Nacht, wenn der Mond scheint, die Temperaturen angenehmer sind. Warum daher die zweigeschlechtlichen Wesen kommen, kann ich aus griechischer Lektüre nicht sagen, die Selbsterneuerung wäre aber eine Möglichkeit.
Unsere Worte Mond, Sonne und Erde spiegeln unsere Vorstellungen ebenso wieder. Wesentlich nördlicher brauchen wir DIE Sonne, DER Mond aber bringt uns die Kälte der Nacht, die wir nicht wollen und die Erde ist auch bei uns noch Mutter Natur.
Kinder kriegen die Leute immer